Gerichtsprotokoll von 1528, mit der Erstnennung von Kroaten in Baumgarten

04.06.2010

Karl Kaus, dr., 11.02.2004.

Ein Gerichtsprotokoll von 1528, betreffend einen Diebstahl und die Erstnennung von Kroaten in Baumgarten – Pajngrt.


Im Stadtarchiv von Sopron – Ödenburg befindet sich ein Gerichtsprotokoll samt Urteil aus dem Jahre 1528. Darin sind erstmals kroatische Bauern in Baumgarten und Siegendorf erwähnt.

Der Text ist für uns heute in altertümlicher Sprache und Rechtschreibung abgefasst, daher folgt hier zuerst der Originaltext, dann die Umschrift und eine Sacherklärung.

Der Gerichtsprozess fand am St.Thomastag, also am 23.Dezember 1528, in Ödenburg statt und die Niederschrift lautet wörtlich:

„Cristoffels von Aspanng purtig peinlich und gutlich bekhanntnuss, so er ann Sand Thomas tag apostoli im XXVIII-ten jar bekhennt und verjehen hat.

Item nachdem gemellter Christöffel von wegen zwaier ochsen, die er zu Paumbgarten ainem khrabaten gestollen, dieselben gen Signdorf getriben, die daselbs ainem krabaten umb funff phunt den. versetzt und gen Odenburg kumen, da durch gericht in gefangkhnus genomen worden. Hat er mit und on pein verjehen, er habe dyeselben zwen ochsen, wie in ain paur und ain pfaff volgemacht und sein messer und ain tuech in der vollen weiss abgespillt, die XII sol.den. sein wird gewesen, auß verzagter weis und armut gestollen und sunst nichtz geton all sein lebenlanng. Darauf wollt er sterben, aber bate durch Got im sein leben zu fristen, er wollt sich hinfuron huetten vor ubl und solhs nimer thun.

Item er bekhent, wie er in fronfest auss lautter unverstand geredt hab, wann er ledig wurd, so wolt er dem krabaten, der in zu gefangkhnus bracht, sein hauß verprennen, aber er well es nit thun, begert im sölhes zu verzeichen.

Auf obgemellt sein bekanntnuss ist gemellter Cristoffl auf pessrung seines leben einfallt und jugennd an dem prannger mit ainem schilling und verpot der von Ödenburg grundt verdambt und verurtailt worden, mittichen nach Sand Thomas tag apostoli, anno 28.“


„Des Christof, aus Aspang (in Österreich) gebürtig, mit und ohne Folter abgelegtes Geständnis, der am 23.Dezember 1528 bekannt und zugegeben hat:

Dieser Christof ist, nachdem er in Baumgarten einem Kroaten zwei Ochsen gestohlen hat und dieselben nach Siegendorf getrieben hat, sie dort einem Kroaten um 5 Pfund Pfennige versetzt hat, nach Ödenburg gekommen und verhaftet worden. Er hat mit und ohne Folter gestanden, er habe die zwei Ochsen nur aus Verzweiflung und Armut gestohlen, weil ihn ein Bauer und ein Pfaffe betrunken gemacht, und als er voll war, ihm (seine einzigen Habseligkeiten) sein Messer und ein Kleidungsstück, die 12 Schilling wert gewesen sein sollen, beim (Karten)spielen abgenommen haben. Er schwört, er habe sonst sein Leben lang nichts Schlechtes getan und bitte Gott, ihm das Leben zu lassen. Er wolle sich künftig vor Übeltaten hüten und solches nie mehr tun.

Außerdem gesteht er, dass er im Kerker aus Unüberlegtheit gesagt habe, wenn er frei käme, werde er dem Kroaten, der ihn angezeigt habe, das Haus anzünden. Er werde dies aber nicht tun und bitte um Verzeihung.

Aufgrund des Geständnisses ist Christof wegen seines Willens zur Besserung und wegen seiner Jugend zur Prangerstrafe und einem Schilling Geldstrafe verurteilt worden. Außerdem wurde er aus dem Stadtgebiet von Ödenburg verwiesen am Mittag dem 24.Dezember 1528.“

Dazu ist zu bemerken, dass das Urteil für damalige Verhältnisse sehr mild war und einem Freispruch gleichkam. Die Jugend, das ehrliche Geständnis und wohl auch die Weihnachtszeit waren mildernde Umstände. Das Verhör wurde nach damaligem Rechtsverständnis „gütlich und peinlich“, also auch unter Anwendung der Folter durchgeführt. Der Richter hat den Angaben des Christof Glauben geschenkt, der bestohlene kroatische Bauer aus Baumgarten und der Geistliche waren bei der Verhandlung nicht anwesend. Schwierig ist die Umrechung der genannten Geldsummen auf heutige Werte: Ein damaliger Schilling hatte 30 Pfennige oder Denare, 5 Pfund Denare waren 1.500 Pfennig, also 50 Schilling. Für einen Pfennig konnte man im Jahr 1520 ein Ei kaufen, ein Schilling entsprach also etwa dem heutigen Wert von 6 Euro. Der Bauer und der Pfarrer haben dem angetrunkenen Christoffel beim Kartenspielen ein Messer und einen Mantel im Wert von 72 Euro abgenommen. Christof hat für die zwei Ochsen in Siegendorf 300 Euro erhalten. Es wird im Protokoll nicht näher erwähnt, dass dieses Geld natürlich bei der Verhaftung eingezogen, zur Begleichung der Gerichtskosten und zur Schadensgutmachung verwendet wurde. Die Geldstrafe des Verurteilten betrug umgerechnet 6 Euro. Die Nennung von kroatischen Bauern in Baumgarten und Siegendorf im Jahre 1528 zählt zu den frühesten Erwähnungen von Kroaten im heutigen Burgenland, nur für Oslip sind noch früher, für 1527 kroatische Namen nachgewiesen. Der transskribierte Originaltext des hier behandelten Gerichtsurteils ist gedruckt erschienen in dem für die Stadtgeschichte von Ödenburg und Umgebung wichtigen Quellenwerk von Jenö Házi, Sopron szabad király város története. I/7, Sopron 1929, S.340 f. In der Ortschronik von Baumgarten, verfasst von Pfarrer M. Meršić, erschienen 1963, ist das Gerichtsurteil zwar angeführt, jedoch nur unvollständig wiedergegeben.

10.11.03 Karl Kaus

Gekürzt und ohne Abbildung abgedruckt in Baumgartner Nachrichten – Offizielles Mitteilungsblatt der Gemeinde Baumgarten, Ausgabe Dezember 2003, Seite 5 unter dem Titel: Diebstahl in Baumgarten – Ein Gerichtsprotokoll anno 1528 (von K.Kaus).