Sprache

Geschichte der burgenlandkroatischen Sprache

Der kroatische Siedlungsraum im Burgenland ist nicht kompakt, das Kroatische bildet mehrere Sprachinseln, die sich zum Teil auch dialektal voneinander unterscheiden. Zahlen- und gebietsmäßig am stärksten vertreten sind die Čakaver des ikavisch-ekavischen Typs. Sie siedeln im Norden und in der Mitte des langgestreckten österreichischen Bundeslandes Burgenland sowie dem benachbarten Grenzgebiet Westungarns. So stellten sie schon in der Vergangenheit die weitaus meisten Vertreter des Schrifttums, sodass ihr Dialekt die Grundlage für die Ausbildung der burgenländischkroatischen Schriftsprache lieferte. Dies war und ist umso leichter möglich, da sie mit den anderen kroatischen Dialekten des Burgenlandes sowohl fast den gesamten Wortschatz als auch eine weitgehend idente Grammatik gemeinsam haben. 

Kontinuierliches Schrifttum

Nach vereinzelten Versuchen evangelischer Geistlicher um die Mitte des 16. Jahrhunderts und zu Beginn des 17. Jahrhunderts kam bei den Burgenländischen Kroaten ab den 30-er Jahren des 18. Jahrhundert ein kontinuierliches Schrifttum auf, diesmal im Dienste der katholischen Kirche. Das schriftsprachliche Modell war mit keinem der zu jener Zeit auf kroatischem Boden praktizierten Modelle identisch. Als zu Beginn des 19. Jahrhunderts eine bescheidene weltliche Literatur aufzukommen beginnt, fühlte man, dass der bisherige sprachliche Fundus unzureichend ist, um die neuen Bedürfnisse abdecken zu können. Die Versuche einiger weniger Geistlicher um die Mitte des Jahrhunderts, die sprachlichen Reformen Zagrebs zu übernehmen, scheitern zunächst am Widerstand der stärkeren konservativen Kreise innerhalb der Geistlichkeit und der Lehrerschaft. Das Neue wird als fremd und unverständlich abgelehnt.

Schere zwischen zwei geschriebenen Sprachen

Als sich etwas später in Kroatien die neuštokavische Standardsprache durchsetzt, öffnet sich die Schere zwischen den beiden geschriebenen Sprachen immer weiter. Anpassungsversuche nach dem Ersten und in verstärktem Maße nach dem Zweiten Weltkrieg, in den frühen 60-er Jahren insbesondere im schulischen Bereich, werden nun einerseits durch eine politische Zweiteilung der Volksgruppe und andererseits durch die ablehnende Haltung weiter Teile der kroatischen Bevölkerung der Standardsprache gegenüber erschwert. Es kommt zu zahlreichen Abmeldungen kroatischer Schüler aus den zweisprachigen Schulen, was bei vielen Volksgruppenangehörigen eine starke Abnahme der muttersprachlichen Kompetenz zur Folge hat. Auf der anderen Seite fördert eine rege literarische Tätigkeit seit dem Jahrhundertbeginn zusehends die Entstehung einer eigenen schriftsprachlichen Norm.

Systematische Erfassung des burgenlandkroatischen Wortschatzes

Um dieser Entwicklung gerecht zu werden, wird als Projekt im Rahmen eines Kulturabkommens zwischen dem Land Burgenland und der damaligen SR Kroatien die erste systematische Erfassung des burgenlandkroatischen Wortschatzes in Angriff genommen. Das Resultat dieser Arbeit ist das „Deutsch-burgenländischkroatisch-kroatische Wörterbuch“ (l. Teil, Eisenstadt – Zagreb 1982) bzw. „Burgenländischkroatisch-kroatisch-deutsche Wörterbuch“ (2. Teil, Zagreb – Eisenstadt 1991). Das Deutsch-burgenländischkroatisch-kroatische Wörterbuch trug wesentlich zur Stabilisierung und Bewahrung des Kroatischen im Burgenland bei, da die erzielten Lösungen bei den Institutionen, den Medien und in der Bevölkerung auf breite Akzeptanz stießen. Damit wurde die endgültige Durchsetzung der burgenlandkroatischen Schriftsprache beschleunigt.